- 166 —
währte er den neuen Landeskinder eine zehnjährige Steuerfreiheit. Seinem Rufe folgten wohl 20 000 Familien ans Schwaben,
Franken, Niedersachsen und der Schweiz. Den größten Zufluß
hatte das preußische Land aber aus Salzburg.
Not der Salzburger: Dort hatte der Erzbischof seinen evangelischen Untertanen besohlen, katholisch zu werden oder auszuwandern. Doch nur wenige bekehrten sich, die anderen wurden mitten im Winter ausgewiesen und lagerten einen Monat lang an der Grenze Bayerns aus freiem Felde. Sie wandten sich in ihrer Not an den König Friedrich Wilhelm, und dieser wurde ihnen ein treuer Helfer und Beschützer. In einer öffentlichen Bekanntmachung erklärte er sie für seine Schützlinge und bot ihnen
sein Königreich Preußen als Zufluchtsort und neue Heimat an.
Zug der Salzburger nach Preußen: Im Frühling 1732 machten sie sich mit Sack und Pack und Weib und Kind auf den Weg. Friedrich Wilhelm schickte ihnen Bevollmächtigte entgegen, welche ihnen täglich für den Mann 4, sür die Frau 3, sür ein Kind 2 Groschen Reisegeld zahlen und sie leiten mußten. Die Hauptzüge gingen, die Richtung auf Berlin hallend, ans verschiedenen Wegen durch Schwaben, Hessen, Sachsen und Thüringen.
Die Salzburger im Erfurter Gebiet: Hierbei berührten
einige Haufen das Erfurter Gebiet, und am 8. August 1732 zogen mehr als 800 Salzburger an der Stadt selbst vorüber. Sie kamen vom Steiger her über Daberstedt nach dem Schmidtstedtertor und gingen von da außerhalb des Krämpser- und Johannestores nach Ilversgehofen auf das Ried, wo sie sich lagerten.
Die Auswanderer, die meist zu Fuß kamen und Stäbe in den Händen hatten, sangen, während sie einherzogen, sromme Lieder, vor allem ihr Lieblingslied:
„Ich bin ein armer Exulant,
Also tu ich mich schreiben.
Man tut mich ans dem Vaterland Um Gottes Wort vertreiben."
Etliche der Salzburger trugen Kinder und kleine Wiegen auf dem Rücken. Die Männer waren mit kurzen Tuchjacken, weilen, unten zugebundenen Hofen und dickbesohlten Riemenschuhen bekleidet, die Frauen mit großen Strohhüten, kurzen Röcken und wollenen Miedern. Auf Wagen, die zum Teil mit ihren eigenen, großen und starken Pferden bespannt waren, führten sie Kranke, Altersschwache und Kinder nach. Keinen hörte man über die erduldeten Bedrückungen klagen, und die Bürger, die ihnen zum Empfang entgegengeeilt waren und sie begleiteten, konnten sich nicht genug über das „sehr gelassene, stille Wesen" der Salzburger wundern. Sie schenkten ihnen viel Geld, Bücher, Kleider, Schuhe und Strümpfe und brachten ihnen eine Sammlung von 570 Reichstalern, zu welcher die Geistlichen von der Kanzel herab aufgefordert hatten, nach Weißensee nach.
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust], T36: [Stadt Mauer Tag Dorf Haus Burg Land Bauer Feind Bürger]]
TM Hauptwörter (100): [T75: [Haar Auge Kopf Hand Gesicht Mann Farbe Mantel Fuß Frau], T69: [Kirche Kloster Stadt Schule Bischof Gemeinde Orden Land Priester geistliche], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T5: [Rhein Main Wald Thüringer Teil Schwarzwald Gebirge Neckar Saale Jura], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel]]
TM Hauptwörter (200): [T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch], T123: [Haar Mann Kopf Frau Hand Fuß Kleidung Mantel Hut Schuh], T93: [Bayern Baden Hessen Württemberg Königreich Sachsen Franken Schwaben Land Rhein], T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute], T157: [Friedrich Wilhelm Iii Kaiser König Karl groß Preußen Kurfürst Jahr]]
Extrahierte Personennamen: Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm August Steiger
Extrahierte Ortsnamen: Schwaben Niedersachsen Schweiz Salzburg Bayerns Berlin Schwaben Hessen Sachsen Johannestores Ried Gottes Weißensee
■"W
— 43 —
herrliche Lage, die würzhafte Luft der Tannenwälder und die schönen
Badeeinrichtungen führen besonders viele Ausländer an diesen Ort.
Westlich des Kniebis, im schönen Renchtal, wo die Bewohner
so schmucke Trachten tragen (Siehe Trachtentafeln), liegen die Bade-
orte Griesbach, Peterstal, Freiersbach (Schwefelbad) und in einem
Seilental Antogast.
Nördlich des Kniebis finden wir am Lierbach, einem Seiten-
bächlein der Rench, das Bad Allerheiligen mit den Ruinen eines
früheren Klosters. Unterhalb Allerheiligen bildet der Lierbach prächtige
Wasserfälle, die sogenannten „sieben Bütten."
Viederholung§sragen:Z
Wo liegt der Kniebis?
Bestimme die Reise von hier zum Kniebis!
Welche badischen Flüsse entspringen am Kniebis?
Welches sind die Hauptorte an der Rench?
Welche Orte im Renchgebiet sind durch ihre Heilquellen bekannt?
Was enthalten die Wasser jener Badeorte?
Wie schmeckt das heilkräftige Waffer?
Wozu wird es außer zum Trinken noch verwendet?
Wozu benutzen die Talbewohner das Wasser der Rench?
Was wird aus den Riesenstämmen geschnitten?
Wohin werden Bretter und Balken geführt?
Wozu benutzt der Bauer die Matten an den Bergabhängen?
Was tragen die Tiere um den Hals?
Beschreibe die Tracht der Renchtäler!
Wie ist die Umgebung von Griesbach?
Womit kann man den ruhigen, hohen Tannenwald vergleichen?
Was strömen die vielen Tannen aus?
Wie wirkt die würzige Luft auf den Körper der Menschen?
In welchem Tal liegt Rippoldsau?
Warum sind in Rippoldsau mehr Badegäste als in Griesbach?
Wo entspringt die Wolf?
Wie heißt das Dorf auf dem Kniebis?
Welche Täler verbindet die Straße, die über den Kniebis führt?
Welche Ruinen liegen etwa zwei Stunden vom Dorfe Kniebis entfernt?
Welches Bächlein fließt in der Nähe von Allerheiligen vorbei?
Was bildet der Lierbach in der Nähe von Allerheiligen?
Wohin mündet der Lierbach?
Welche Stadt liegt am Ausgang des Lierbachtales?
Was trägt außer dem heilkräftigen Waffer zur Gesundheit der
Badegäste dieser Gegend bei?
TM Hauptwörter (50): [T18: [Gebirge Berg Teil Rhein Höhe Wald Fluß Alpen Seite Donau], T8: [Stadt Rhein Schloß Kreis Mainz Einw. Dorf Main Frankfurt Einwohner], T19: [Wasser Luft Eisen Körper Silber Gold Kupfer Metall Stein Erde]]
TM Hauptwörter (100): [T5: [Rhein Main Wald Thüringer Teil Schwarzwald Gebirge Neckar Saale Jura], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite]]
TM Hauptwörter (200): [T96: [Stadt Thüringer Saale Schloß Wald Gotha Dorf Heidelberg Weimar Einw.], T89: [Wasser Fluß Quelle Bach See Erde Boden Brunnen Land Ufer], T3: [Hebel Last Brief Ende Gewicht Rolle Gleichgewicht Punkt Seite Fig], T123: [Haar Mann Kopf Frau Hand Fuß Kleidung Mantel Hut Schuh]]
12 Die Deutschen Landschaften,
fließender Brunnen, woferne nicht das Dorf eine eigene Wasserleitung besitzt, was heute
nicht selten der Fall ist. Die quadratische Wohn st übe mit ihrer einfachen Einrichtung
liegt nach Süden. Durch die kleinen, aber zahlreichen Fenster dringt die Sonne bis in
die äußersten Winkel und erfüllt den Raum mit Wohlbehagen. Gegen die Strahlen der
hochstehenden Sonne sowie gegen Platzregen schützen die Lauben und das oft tiefsitzende,
weit vorstehende Dach. Deshalb sind diese Wohnungen in: Winter warm und im Sommer
kühl und das ganze Jahr trocken. Der Unterbau des Hauses wird heute meist
aus Mauerwerk, der obere aus Holz hergestellt. Das alte Stroh- und Schindeldach hat
wegen der Feuersgefahr dem Ziegeldach weichen müssen. Ein Hauptschmuck des Alpen-
Hauses ist der blumengezierte Balkon, der nicht selten um das ganze Haus läuft. Im
Jsargebiet trifft man meist nur einen Balkon, im Ilmtal zwei, im Allgäu fehlt er ganz.
Malerisch und zweckmäßig wie die Wohnweise ist auch die Tracht des Alplers. Für
steile und steinige Bergpsade eignet sich nur der genagelte Schuh. Die wollenen Waden-
strümpfe und die kurze Lederhose gestatten freie Bewegung beim Bergsteigen und schützen
wie die Lodenjoppe und der Filzhut gegen die Unbilden der Witterung.
Aufgaben: 1. Welche Teile der Alpen gehören zu Bayern? 2. Welche Orte
des Allgäus haben größere Bedeutung und wodurch? 3. Welche Wege führen durch die
Bayerischen Alpen nach Tirol? 4. Gib die natürlichen Grenzen der Schwäbisch-Baye-
rischen Hochfläche an! 5. Welches ist die tiesstgelegene Stadt in Südbayern? Gib
deren Lage des näheren an!
Iii. Die Deutschen Mittelgebirge.
A. Die Süddeutschen Stufcnländer.1)
1. Stufenland, der Naab, die Oberpfal).
Die östliche Hälfte der Oberpfalz erfüllt der „W a l d" (Bayerischer Wald
und Böhmerwald), die westliche durchzieht ein Teil des^ Frankenjura; im Norden
wird das Gebiet vom Fichtelgebirge umschlossen, während es sich gegen Regensburg
nach dem Alpenvorlands hin öffnet. Eine eigentliche Ebene (aus
Keupersandstein) zieht nur zwischen Weiden und Kemnath längs der Heidenaab
hin; aus ihr ragen weithin sichtbar die steilen Basaltkegel desparkstein (600 m)
bei Weiden und des Rauhen Kulm (700 m) bei Kemnath auf. Tie Ober-
Pfalz ist vorwiegend gebirgig.
Der Böhmerwald. Nenne die höchsten Berge des „Waldes" und gib
ihre Höhe nach dem Atlas an! — Stille, schwermütige Seen, von dunklen
Wäldern umrahmt, schmücken das Gebirge; doch liegt nur der Arbersee aus
bayerischem Boden. Dem Hauptzuge des Gebirges folgt die bayerisch-böhmische
Grenze. Ihm lagert als niederer Zug der Bayerische Wald vor, der in
seiner ganzen Länge vom „Pfahl", einem Quarzriff, durchzogen wird. Der
Böhmerwald ist ein altes, größtenteils abgetragenes Gebirge (Urgebirge, Rumpf-
gebirge) aus Granit, Gneis und Schiefer mit kuppigen Bergformen.
i) Da sich die Süddeutschen Stufenländer gegen die Mitte beckenartig absenken, ist
auch die Bezeichnung Beckenländer oder Stufenbecken berechtigt.
TM Hauptwörter (50): [T18: [Gebirge Berg Teil Rhein Höhe Wald Fluß Alpen Seite Donau], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf]]
TM Hauptwörter (100): [T5: [Rhein Main Wald Thüringer Teil Schwarzwald Gebirge Neckar Saale Jura], T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T91: [Haus Fenster Wand Stein Dach Zimmer Holz Feuer Raum Decke], T3: [Lage Karte Land Europa Geographie Klima Größe Verhältnis Grenze Gliederung]]
TM Hauptwörter (200): [T139: [Donau Rhein Main Tiefebene Teil Jura Alpen Tiefland Gebiet Fluß], T14: [Gebirge Wald Teil Höhe Berg Harz Thüringer Bergland Gebirg Weser], T125: [Haus Stein Fenster Dach Holz Stroh Winter Erde Wand Wohnung], T123: [Haar Mann Kopf Frau Hand Fuß Kleidung Mantel Hut Schuh], T142: [Stadt Dorf Mauer Haus Burg Straße Kirche Schloß Graben Zeit]]
Ii. Die Bewohner. — 1. Allgemeines.
17
Ii. Die Bewohner.
1. Allgemeines.
Die Hauptmasse der Bevölkerung gehört dem thüringischen Stamme an,
nur im unteren Eichsfelde wohnen teilweise Niederdeutsche, im südlichen Vor-
lande größtenteils Franken. (Vgl. die nachstehende Sprachenkarte.)
Die einzelnen Teile des Gebietes zeigen in Tracht, Wohnung und Nahrung,
ferner in der Sprache, sowie in Litte und Brauch mancherlei Eigentümlichkeiten.
(Entworfen von A. Rohrmann.)
5. Grenzen der Sprachgebiete in Thüringen.
Die Trachten sind teilweise raschem Wechsel unterworfen, wie die Geschichte der
Altenburger Bauerntracht zeigt. Schon naht die Zeit, in welcher auch diese
Tracht ganz verschwuuden sein wird.
Auch im übrigen Thüringen gehen die Volkstrachten stark zurück: immer mehr
verschwinden gegenwärtig die früher gebräuchlichen kurzen Lederhosen und dreieckigen
Hüte, auch der schwarze Tuchmantel der Frauen und die großknöpfigen Röcke der
Männer werden immer seltener. Am häufigsten sieht man bei den Männern eine kurze
Jacke oder einen blauleinenen Kittel, auf dem Kopfe eine Schildmütze oder einen Filz-
Hut, bei den Frauen und Mädchen einen oft dunkelgrünen Faltenrock, ein buntfarbiges,
in Kreuzform über dem Mieder getragenes Brusttuch, als Kopfbedeckung beim Kirch-
gang eine Haube mit vielen, auf den Rücken hinabfallenden Bändern, sonst ein buntes
Kopftuch, bei der Feldarbeit meist den großen „Schaubhut" von Stroh. Nach den
Gegenden weichen die Trachten im einzelnen vielfach voneinander ab; auch die Form
der Tragkörbe ist von Gegend zu Gegend verschieden. Neuere Bestrebungen suchen
das Interesse für die Volkstrachten wieder zu beleben.
TM Hauptwörter (50): [T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust], T22: [Volk Bewohner Sprache Land Bevölkerung Einwohner deutsche Religion Million Stamm], T18: [Gebirge Berg Teil Rhein Höhe Wald Fluß Alpen Seite Donau]]
TM Hauptwörter (100): [T75: [Haar Auge Kopf Hand Gesicht Mann Farbe Mantel Fuß Frau], T95: [Bewohner Sprache Volk Land Bevölkerung deutsche Stamm Religion Neger Einwohner], T66: [Geschichte Iii Vgl Nr. Aufl Gesch Lesebuch Bild fig deutsch], T5: [Rhein Main Wald Thüringer Teil Schwarzwald Gebirge Neckar Saale Jura]]
TM Hauptwörter (200): [T123: [Haar Mann Kopf Frau Hand Fuß Kleidung Mantel Hut Schuh], T127: [Volk Sprache Land Zeit Sitte Kultur Bildung Geschichte Bewohner Stamm], T133: [Boden Land Ackerbau Klima Wald Viehzucht Teil Wiese Anbau Fruchtbarkeit]]
— 311 —
Oberleib, und Shawls und Echarpen^) und „Schärfchen" dazu Platz zu
machen. Ich sage modern altmodisch; denn bei allem Fortschritt ist auch
der städtische Modeputz der Bauern doch immer wenigstens um ein Jahr-
zehnt hinter der städtischen Mode der feinen Welt zurück.
Ganz besonders aber wird man am Werktage inrte, daß das kurze
Wams, das Kamisol und die Schirmkappe charakteristische Kleidungsstücke
der Pfälzer sind. Dem Sonntag gehört der Rock; das Kamisol ist das
allgemeinste Arbeitskleid. Darum hält es der Pfälzer auch so hoch, wie er
alles hoch hält, was mit der Wirtschaft zusammenhängt; denn er weiß, daß
er in manchem Stück von anderen deutschen Stämmen übertroffen wird,
aber im Fleiß von keinem. Wen man recht von Grund aus liebt, den
liebt man „ans Rock und Kamisol", und wen man recht von Grund aus
prügeln will, deu prügelt man „aus Rock und Kamisol" — im Fest- und Arbeits-
kleid. Für sein Kamisol hat der Pfälzer eine fast sprichwörtliche Zärtlichkeit, wie
den sprichwörtlichen Spott für beinahe jedes andere auszeichnende Kleid. Was
ihm treu bleibt mit mehr als Hundetreue, das ist ihm treu wie sein Kamisol,
und der rheinische Student weiß sür den Haus- und Stnbengenossen keinen
traulicheren Namen, als daß er ihn sein Kamisol nennt.
(7. Speise und Trank.) „Der Mensch Hot en Maage nn'nit nme-
snnscht," sagt Kobell in seinen pfälzischen Gedichten, und wer die Pfalz
kennt, der wird diesen Spruch in mehr als einem Sinne bedeutsam für
das Land finden. An dem Glanztage pfälzischen Volkslebens, auf der
Kirchweih, muß man die gewaltigen Familienkannen mit Kaffee gesehen
haben, wie sie um die Tafelrunde der ganzen versammelten „Freundschaft"
kreifeu, und die Berge von Knchen aller Art dazu, und am Abend die
Tische voll Geflügel vom Truthahn bis zum Krammetsvogel, eiu ganzes
gebratenes ornithologisches Kabinett, um zu begreifen, daß man in diesem
gesegneten Lande seinen Magen allerdings nicht umsonst hat, und um es
glaublich zu finden, daß manche pfälzische Familie für einen einzigen
Kirchweihtag 50 bis 80 Pfund Fleisch braucht. Der Pfälzer hält viel auf
Essen und Trinken; aber es muß fein und mannigfaltig fein. Wenn der
steinreiche niederbayerische Getreidebaner auf der Schranne^) seine Korn-
säcke gegen einen gewichtigen Silbersack ausgetauscht hat und übermütig
wird, dann kocht er sich mit seinen Freunden einen großen Punsch im
Waschkessel oder trinkt Champagner aus Maßkrügen und hinterdrein Kaffee
aus Seideln. Solche Völlerei verachtet der reiche pfälzische Weinbauer;
er will eine ausgesuchte, herrschaftliche Tafel, wenn es bei ihm hoch her-
gehen soll. Nicht vergebens ragt sein Land vor allen in Deutschland
hervor durch die Fülle, Mannigfaltigkeit und Feinheit feiner eßbaren
Naturprodukte; nicht bedeutungslos war es, daß auf der deutschen Industrie-
ausstellung zu München die große Denkmünze an pfälzische Aussteller vor
allem für die feinsten Delikatessen verliehen wurde, für eingemachte und
kandierte Früchte, edle Weine, kunstreich bereitete Schaumweine, dazu auch
für Zigarren und Tabake. . .
Bei den „Kleinen" im Westrich sieht es freilich anders aus. Man
braucht nur in so manches arme, abgelegene Dorf im Innern des Gebirgs
') frz. Schärpe — Schärpe.
2) Verkaufsstelle, Getreidemarkt,
TM Hauptwörter (50): [T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend], T75: [Haar Auge Kopf Hand Gesicht Mann Farbe Mantel Fuß Frau], T79: [Wein Zucker Baumwolle Kaffee Getreide Tabak Fleisch Holz Wolle Handel], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T5: [Rhein Main Wald Thüringer Teil Schwarzwald Gebirge Neckar Saale Jura]]
TM Hauptwörter (200): [T196: [Tisch Tag König Hand Wein Herr Haus Gast Abend Frau], T123: [Haar Mann Kopf Frau Hand Fuß Kleidung Mantel Hut Schuh], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze], T96: [Stadt Thüringer Saale Schloß Wald Gotha Dorf Heidelberg Weimar Einw.], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht]]
— 336 —
Genügsamkeit. Unnütze Ausgaben sind ihm verhaßt. Das zeigt sich beson-
ders in seiner Kleidung und Kost. Solange ein Kleidungsstück der Aus-
besserung noch fähig ist, wird es nicht in den Ruhestand versetzt. Die alten
Volkstrachten sind leider, soweit das männliche Geschlecht in Frage kommt,
sast gänzlich verschwunden. Die jüngeren Personen kleiden sich durchgängig
„ftädt'sch". Etwas abweichend erscheint die Tracht der älteren Männer,
soweit sie mit Jndnstriearbeit nicht in Berührung kommen. Wochentags
wird von ihnen zumeist der blauleiueue Kittel, eine lange Bluse, getragen;
des Sonntags geht der ältere Mann einher in einem langschößigen schweren
Tuchrock. Eine kurze Weste von schwarzem Seidenstoff — zuweilen auch
buntfarbig — umschließt die Brust. Ein schwarzseidenes, zu einem schmalen
Streifen zusammengelegtes Halstuch bildet den Abschluß nach oben. Statt
des Hutes deckt eine Mütze mit breitem Augenschirm den Kops. — Ein mehr
charakteristisches Gepräge weist die Tracht der älteren Frauen auf. Beson-
ders die Landfran liebt es, durch eine Menge schwerer übereinanderliegender
Röcke ihrer Erscheinung Fülle und Rundung zu geben. Je größer der
Besitz, um so breiter die Bäuerin. Bescheiden ist die Kost, die der Thüringer
Landbewohner jahraus, jahreiu genießt. Kartoffeln in der mannigfachsten
Zubereitung und Brot sind für weite Volkskreise die hauptsächlichsten
Nahrungsmittel. Besser ist es natürlich Sonntags um den Tisch bestellt.
Da erscheint stets Fleisch oder geröstete Bratwurst auf demselben als Beilage
zu dem Lieblingsgerichte des Thüringers, dem Kartoffelkloß. Den Namen
des letzteren läßt der Dichter von Rudolstadt, Herr Anton Sommer,
in seinen mundartlichen Dichtungen durch folgendes Rätsel ergründen:
„Horch, Andrees, ech will d'r ämal ä Rätsel offgabe, probier'sch, ob de 's
rauskriechst. Gucke, 's sinn vier Silben. De erschte ös rond, de zwäte und
drötte besamm —- ös a rond; de erschte, zwäte und drötte besamm — ös
a rond; de verte — ös a rond; nn alle viere besamm — ös a rond.
Was ös änn das? No, ech sih der'sch an Gesöcht an, däß de 's nech raus-
bröngst, du Drihnöckel, zermartre dei Geherne nech, ech will der'sch sa: das
ös d'r Ardapfelklus" (Kartoffelkloß). Ja, so ein Kartoffelkloß ist, wenn er
wohlgeraten, weder schliffig noch „klitschig", eine fein wollige Struktur auf-
weist, „nnr was Rares" ... A. Meuselbach, Giebichenstein.
(2. Das Werratal bei Treffurt.) Nichts ist ergötzlicher als Ge-
schichten von verkleideten Fürsten, die sich unerkannt unter den gemeinen
Haufen mischten und allerlei Wunderliches erlebten. Der eine ging kalt
und ohne Grnß an ihnen vorüber; der zweite guckte die verkappte Größe
spöttisch vou der Seite an; der dritte gab ihr im Gedränge einen derben
Rippenstoß; der vierte kränkte sie mit losen Reden. Wie köstlich nun, wenn
die verkannte und beleidigte Majestät den grauen Rock aufriß und die
funkelnden Ordenssterne zeigte, wenn der Frevler schier in die Erde ver-
sank, verwirrt Entschuldigungen stotterte und endlich Gnade fand!
Jede Ehrenrettung freut und jeder Akt der Gerechtigkeit befriedigt uns.
Das gilt von Personen und Sachen, anch von verkannten Orten. Wie
mancher schöne Erdenwinkel gleicht noch einer zugeknöpften Majestät! Mit
Kronen auf dem Haupte und Orden auf der Brust schmückt er sich jahrein
jahraus nur für sich selbst. Zu diesen unbekannten und selten besuchten
Majestäten gehört das Werratal vou Kreuzburg über Treffurt und
Wanfried nach Eschwege. Der anmutige Talcharakter steigert sich hier
TM Hauptwörter (50): [T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T75: [Haar Auge Kopf Hand Gesicht Mann Farbe Mantel Fuß Frau], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T5: [Rhein Main Wald Thüringer Teil Schwarzwald Gebirge Neckar Saale Jura], T79: [Wein Zucker Baumwolle Kaffee Getreide Tabak Fleisch Holz Wolle Handel], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann]]
TM Hauptwörter (200): [T123: [Haar Mann Kopf Frau Hand Fuß Kleidung Mantel Hut Schuh], T114: [Fleisch Milch Brot Pferd Butter Käse Stück Wein Schwein Getreide], T96: [Stadt Thüringer Saale Schloß Wald Gotha Dorf Heidelberg Weimar Einw.], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit]]
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Regionen (OPAC): Württemberg
Geschlecht (WdK): koedukativ
— 10 —
Die. größten Seen des Schwarzwaldes sind der Titisee und der
Schluchsee im südlichen Teil des Gebirges. Sie sind keine Karseen, sondern
liegen in einer slach trogsörmigen Einsenkimg und sind von eiszeitlichen Auf-
schüttungen umgeben und gestant.
6. Die Bewohner,
a) Ihre Eigen schafte n.
Die Bevölkerung des waldreichen württ. Schwarz-
Waldes ist wegen des rauhen K l i m a s und der Unergiebig-
keit des Bodens uicht sehr zahlreich. Die Schwarzwälder sind
Der Wildsee (links balzender Auerhahn).
gesunde, kräftige Leute mit Hellem, natürlichem Verstände, offeu, treuherzig,
gastfreundlich, ernst, streng religiös und voll Liebe zu ihrer Heimat („O
Schwarzwald, o Heimat, wie bist du so schön!"). Sie sind meist katholischen
Glaubens. Nur in: württ. Schwarzwald überwiegt das evangelische Bekennt-
ms, und zwar wohnen auch hier die Protestanten mehr im Norden, die Katho-
liken mehr im Süden. Die alten Trachten der Schwarzwälder Land-
bevölkeruug haben schon vielfach der städtischen Kleidnng weichen müssen.
Immerhin sieht man noch in manchen Gegenden, besonders an Sonn- und
Festtagen sowie bei festlichen Anlässen, bei den Frauen mehr als bei den
Männern, die malerischen, farbenprächtigen Trachten (z. B. im Gutach-,
Schupbach- und Elztal). Im württembergischen Schwarzwald wird nament-
lich in den Bezirken Nagold und Calw noch Frauen- und Männertracht ge-
tragen; nur ist sie weniger bunt als im badischen Teil des Gebirges.
TM Hauptwörter (50): [T18: [Gebirge Berg Teil Rhein Höhe Wald Fluß Alpen Seite Donau], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T5: [Rhein Main Wald Thüringer Teil Schwarzwald Gebirge Neckar Saale Jura], T75: [Haar Auge Kopf Hand Gesicht Mann Farbe Mantel Fuß Frau], T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland], T71: [Mann Volk Leben Sitte Zeit Vater Liebe Frau König Jugend], T86: [Kaiser Protestant Katholik Fürst Kurfürst Land Kirche Karl Reichstag Krieg]]
TM Hauptwörter (200): [T96: [Stadt Thüringer Saale Schloß Wald Gotha Dorf Heidelberg Weimar Einw.], T123: [Haar Mann Kopf Frau Hand Fuß Kleidung Mantel Hut Schuh], T83: [Klima Winter Sommer Land Meer Wind Regen Niederschlag Zone Gebirge], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T40: [Protestant Kaiser Kirche Katholik Reichstag Jahr Lehre Reformation Augsburger Land]]
Ii — 40 -
besteht aus 2 Gebietsteilen; der größere lehnt sich an den Nordfuß des Thüringer
Waides, der kleinere liegt auf der Südabdachung dieses Gebirges. Die Hauptstadt
Gotha (30 T.) ist mit vielen Prachtbauten geschmückt und die reichste, und schönste^
Stadt Thüringens. In Waltershausen werden viele Kinderspielsachen gefertigt,
und das Dorf Öslau sendet Millionen von Marmorkugeln in die Welt. Die Resi-
denz ist Kobnrg (16 T.).
d. Das Herzogtum Sachsen-Altenburg (x/3o v. Brand. — über 150 T.) be-
steht aus 2 Teilen, von denen der eine Teil an der Pkeiße, der andere an der '
Saale liegt. Die Hauptstadt ist Altenburg. Der Boden ist fast überall '
sehr fruchtbar; die Altenburger Bauern sind daher meistens sehr reich. Ausfallend
ist auch die Tracht vieler Männer und Frauen. -
e. Das Fürstentum Schwarzbnrg-Nudolstadt (V4o v. Brand. — ~8ö T.) be-
steht aus der Ober- und Unterherrschaft. Erste« liegt an der Nordseite des Thüringer
Waldes im Gebiete der Saale, Schwarza und Ilm; letztere liegt im Thüringer
Hügellande und reicht bis in die goldene Äne. Hier erhebt sich der sagenreiche Kyff-
Häuser. Die Hauptstadt ist Rudolstadt {.Ii T.) im reizenden Saalthale. Bei
Frankenhausen erlitten die aufrührerischen Bauern 1525 unter Thomas Münzer'
eine Niederlage. - (Gesch. ,50.)
1. Der Kyffhäuser, ein dicht bewaldeter Bergrücken, trägt puf seinen höchsten
Kuppen mehrere Ruinen, von denen die Burg Kyffhansen selbst am bekanntesten ist.
Nach der Sage ist Friedrich Barbarossa nach seinem Tode in den Berg hinabgestiegen.
Alle seine Helden sind um ihn, die Rüstkammer ist voller Waffen, die Säle sind mit
großen Schätzen angefüllt, und in den Ställen stampfen ungeduldig die Pferde im
Schlaf. Der Kaiser selbst sitzt, das Haupt gestützt, an einem Marmortische und schläft.'
Sein eisgrauer Bart ist bis auf die Füße durch den Tisch gewachsen. Von Zeit zu
Zeit erwacht er und schickt einen Zwerg hinaus, damit dieser nachsehe, ob die Raben
noch um den Berg stiegen. Wenn sie nicht mehr da sind, wird der Kaiser aufstehen,
seinen Schild an einen dürren Baum hängen, der dann grünt, und das deutsche
Kaiserreich in seiner alten Herrlichkeit wieder aufrichten. — Von der Burg selbst ifi
außer altem Gemäuer nur noch ein 25 m hoher Turm vorhanden, der so stark ge-
borsten ist, daß er durch eiserne Klammern zusammengehalten werden muß. In seinen
Fuß haben Schatzgräber ein Loch gebrochen, um zu den vermeintlichen Schätzen des
Kaisers zu gelangen. 1865 hat man an der Südseite des Berges (bei Frankenhausen)
eine Höhle entdeckt, die vielleicht die größte und schönste in ganz Deutschland ist. Auf
ihrem Grunde befinden sich 9 Teiche, und von der Decke hängen wunderbar gestaltete
Gipsplatten herab, die beim Anschlagen einen klingenden Ton von sich geben.
f. Das Fürstentum Schwarzburg-Sondershausen (746 v. Brand. — 70 T.)
besteht ebenfalls aus der Ober- und Unterherrschaft, erstere liegt am Thüringer Walde,
letztere im Thüringer Hügellande. Hauptstadt ist Sondershausen (7 T.) a. d. Wipper.
g. Das Fürstentum Reuß ältere Linie (Vias v. Brand. — 50 T.). Haupt-
stadt Greiz (20 T.); reizende Lage im Elsterthale.
h. Das Fürstentum Reuß jüngere Linie (7*8 v. Brand. — 100 T.). Die
Hauptstadt Gera (40 T.) ist eine wichtige Fabrikstadt für feine Wollwaren.
5. Das Königreich Sachsen. (-/« von Brandenb. — 3 72 m.)
1. Sachsen hat die Gestalt eines Dreiecks, dessen Südostseite von dem Erz-
gebirge (S. 5), dem Elbsandsteingebirge und dem Lausitzer Gebirge gebildet
wird. Nach Norden hin dachen sich diese Gebirge allmählich zur Tiefebene ab und
bilden so das sächsische Berg- und Hügelland. (Welche Richtung schlagen daher
TM Hauptwörter (50): [T18: [Gebirge Berg Teil Rhein Höhe Wald Fluß Alpen Seite Donau], T8: [Stadt Rhein Schloß Kreis Mainz Einw. Dorf Main Frankfurt Einwohner], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
TM Hauptwörter (100): [T5: [Rhein Main Wald Thüringer Teil Schwarzwald Gebirge Neckar Saale Jura], T44: [Sachsen Provinz Preußen Königreich Hannover Bayern Staat Hessen Baden Land], T49: [Berg Gebirge Höhe Fuß Ebene Seite Gipfel Gebirg Elbe Meer], T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod], T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf]]
TM Hauptwörter (200): [T96: [Stadt Thüringer Saale Schloß Wald Gotha Dorf Heidelberg Weimar Einw.], T14: [Gebirge Wald Teil Höhe Berg Harz Thüringer Bergland Gebirg Weser], T174: [Preußen Sachsen Hannover Holstein Provinz Königreich Staat Oldenburg Braunschweig Dänemark], T125: [Haus Stein Fenster Dach Holz Stroh Winter Erde Wand Wohnung], T123: [Haar Mann Kopf Frau Hand Fuß Kleidung Mantel Hut Schuh]]
Extrahierte Personennamen: Thomas_Münzer Friedrich_Barbarossa Friedrich Barbarossa
Extrahierte Ortsnamen: Gotha Waltershausen Altenburg Schwarza Thüringer
Hügellande Rudolstadt Frankenhausen Burg Frankenhausen Deutschland Thüringer_Walde Thüringer_Hügellande Sondershausen Greiz Elsterthale Gera Sachsen Sachsen
- 75 —
Warburger Börde ab, nach Nordosten vollendet als Gebirgswall der
Teutoburger Wald die Einschließung.
Der Haarstrang oder die Haar (Höhe).
Von der ..Sviken Warte" bei Rüthen. aus erstreckt sich eiu Höhen-
zng, die Haar, nach Westen bis in die Gegend von Schwerte. Nach
Süden fällt der Höhenzug ziemlich schroff und steil zur Mohne und Ruhr
ab, die südlichen Gehänge der Haar eignen sich infolge ihres schroffen
Abfalls weniger für den Ackerbau, weil der Regen die durch Verwitte-
ruug gebildete" Ackerkrume sehr leicht hinwegzuspülen vermag. Darum
finden wir auf der Südseite der Haar neben einzelnen öden Heide-
flächen (Gebiet des Oberlaufes der Möhne) meist schöne Laub- und
Nadelgehölze. Die höchsten Erhebuugeu der Haar sind die Bischofs-
Haar bei Körbecke (307 m), die Wippriugser-Haar 28^ und die
lieblich bewaldete Werler-Haar 247 m.
Nach Norden geht die Haar langsam und allmählich in die weite
Ebene über. Der Abfall ist hier so gleichmäßig, daß die Ackerfelder bis
auf den Höhenzug heraureicheu. Folgende Städte bezeichnen ungefähr
den Begiuu der Ebene: Erwitte, Soest (100 m), Werl (103 m), Unna
(98 m), Dortmund (85 m).
Die westlichste Fortsetzung der Haar führt den Namen Ardeygebirge.
Als man die Bahn von Unna nach Fröndenberg baute, stieß mau auf
die Trümmer der längst zerfallenen Burg Ardey. Der schönste Teil des
Ardeygebirges liegt zwischen Westhofen und Herdecke. Aus den mit
Wiesen und Weiden geschmückten Thälern der Ruhr und ihrer Nebenflüsse
Lenne und Volme erheben sich schroff und steil die Grauwackeu- und Saud-
steinfelsen. Das Laubgehölz, welches sie bedeckt, spiegelt sich in den klaren
Wellen des Stromes. Die Höhen des Gebirges zieren eine Reihe von
Aussichtstürmen, dem Audeuken großer Männer geweiht. An schönen
Sommertagen strömen sie von nah und fern zu Hunderten herbei, um
auf luft'ger Höhe das Kaiserdenkmal zu beschauen und sich au dem Herr-
licheu Ausblick nach dem schönen Gebirgslande im Süden zu erfreuen.
Dann ist es oben auf dem Berge eiu Gewimmel, daß mau froh ist, wenn
man ein stilles Plätzchen gefunden hat, wo man sich ausruhen und stärken
und ungestört der an geschichtlichen Erinnerungen reichen Vergangenheit
gedenken kann.
Wenn man von der ^>aar oder dem Ardeygebirge aus den Blick nach
Norden wendet, so sieht man nördlich von der weiten Ebene des Hellwegs
einen Höhenzug, der die Aussicht nach Norden etwas hindert. Das sind die
Höhen des Münsterlandes. Neben dem schön bewaldeten Beckumer-
Stromberger Hügelland (Stromberg 148 m, Soester-Warte 170 m),
Mackenberg 170 m) im Osten verdienen die Baum berge (Westerberg
TM Hauptwörter (50): [T18: [Gebirge Berg Teil Rhein Höhe Wald Fluß Alpen Seite Donau], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf]]
TM Hauptwörter (100): [T49: [Berg Gebirge Höhe Fuß Ebene Seite Gipfel Gebirg Elbe Meer], T57: [Weser Stadt Hannover Harz Osnabrück Leine Kreis Aller Land Elbe], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T5: [Rhein Main Wald Thüringer Teil Schwarzwald Gebirge Neckar Saale Jura], T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland]]
TM Hauptwörter (200): [T14: [Gebirge Wald Teil Höhe Berg Harz Thüringer Bergland Gebirg Weser], T66: [Stadt Kreis Einw. Berlin Einwohner Schloß Regierungsbezirk Sitz Provinz Düsseldorf], T6: [Berg Fuß Höhe Gipfel Gebirge Schnee Meer Fels Ebene See], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T123: [Haar Mann Kopf Frau Hand Fuß Kleidung Mantel Hut Schuh]]
— 38 —
kunstvoll gearbeitet. Die roten Strumpfbänder sind an den herab-
hängenden, breiten Enden mit farbigen Schnüren besetzt und mit
Gold- oder Silberstickerei und mit „Heller" verziert. Die Halbschuhe
haben Messingschnallen und hohe, spitze Absätze. An Werktagen ist
die Kleidung natürlich einfacher. Die Frauen tragen anstatt der
bunten Tracht der Mädchen mehr dunkle Kleidung; ihre Kappe ist
schwarz mit grüner Stickerei.
Gleich der Tracht sind auch die Sitten und Gebräuche der
Schwälmer eigenartig und von denen in andern Gegenden unserer Pro-
vinz verschieden. Das zeigt sich besonders bei Verlobungen, Hochzeiten
und auf der „Kirmes". Bei derartigen Gelegenheiten wird auch wohl
noch der dieser Gegend eigentümliche Tanz, der „Schwälmer", getanzt.
Da die kleinen Flüsse von den allmählich verwitternden Bergen
in der Nähe die fruchtbarsten Bestandteile ins Schwälmer Ländchen
hinabschwemmten, so ist der Boden desselben außerordentlich ergiebig.
„Wenn man den Finger in den Boden steckt, wird er settig," sagt
wohl der rechte Schwälmer Bauer. Die Bewohner dieses gesegneten
Flußthales sind sehr fleißig und dabei recht sparsam. Darum herrscht in
der Schwalm großer Wohlstand. Nach alter Sitte gehen die Bauern-
güter meist ungeteilt vom Vater auf den ältesten Sohn über; die
jüngeren Kinder bekommen ein geringeres Erbteil in Geld ausbezahlt.
Die Bauern sehen es ungern, wenn in ihren Dörfern Fremde an-
fäfsig werden; sie halten diese am liebsten aus ihrer Mitte fern.
Ebenso kommt es felten vor, daß ein Schwälmer Bauer eine Nicht-
schwälmerin heiratet.
C. Das Hessische Bergland.
Östlich von der Hessischen Senke liegt das Hessische Bergland.
Seine Westgrenze wird ungesähr durch die Linie Gelnhausen-Grün-
berg-Ziegenhain-Schwalmmündung-Warburg bezeichnet. Nach Norden
hin reicht es bis zur Diemel und zur Weser. Im Osten wird es
begrenzt durch die Werra von Münden auswärts bis Vacha und
dann etwa durch eine Linie von Vacha über Hünfeld und Fulda bis
Schlüchtern. Im Süden scheidet die Kinzig das Hessische Bergland
vom Spessart.
Das Hessische Bergland bildet seiner geologischen Beschaffenheit
nach eine einheitliche Landschaft. Auf einer Grundlage von Bunt-
sandstein und Muschelkalk ruhen viele einzelne Erhebungen, die teils
aus diesen Gesteinen bestehen, sehr häufig aber auch aus über-
gelagertem Basalt gebildet sind. Durch tief eingerissene Flußthäler
wird das Hessische Bergland in drei Theile zerlegt; einen vierten
bildet der durch seine Masse und Höhe vor andern Erhebungen
ausgezeichnete Vogelsberg. Wir betrachten demnach solgende Ab-
schnitte des Hessischen Berglandes: 1. den Vogelberg, 2. das Berg-
TM Hauptwörter (50): [T18: [Gebirge Berg Teil Rhein Höhe Wald Fluß Alpen Seite Donau], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust]]
TM Hauptwörter (100): [T5: [Rhein Main Wald Thüringer Teil Schwarzwald Gebirge Neckar Saale Jura], T75: [Haar Auge Kopf Hand Gesicht Mann Farbe Mantel Fuß Frau], T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland], T3: [Lage Karte Land Europa Geographie Klima Größe Verhältnis Grenze Gliederung], T39: [Kind Vater Mutter Frau Mann Haus Jahr Eltern Sohn Knabe]]
TM Hauptwörter (200): [T14: [Gebirge Wald Teil Höhe Berg Harz Thüringer Bergland Gebirg Weser], T123: [Haar Mann Kopf Frau Hand Fuß Kleidung Mantel Hut Schuh], T133: [Boden Land Ackerbau Klima Wald Viehzucht Teil Wiese Anbau Fruchtbarkeit], T196: [Tisch Tag König Hand Wein Herr Haus Gast Abend Frau], T95: [Gestein Schicht Wasser Boden Erde Granit Gebirge Masse Sand Teil]]